340. Jubiläum von Bach: Leon Gurvitch Präsentiert Bachomania

Bach wäre begeistert! Zum 340. Jubiläum von Johann Sebastian Bach ehrt ihn Komponist und Pianist Leon Gurvitch. Lesen Sie hier alles über “Bachomania”.

Leon Gurvitch am Klavier.
“Jesus bleibet meine Freude”, “Siziliano”, “Prelude in C” und vieles mehr seit er sprechen könne, spiele er Bach. So Gurvitch über die Ehrung an J.S. Bach. ©2025 Fall4Me

Am 31. März wäre der bedeutendste deutsche Komponist der Musikgeschichte 340 Jahre alt geworden. “Nicht alle Musiker glauben an Gott, aber alle Musiker glauben an Bach“, mit diesen Worten leitete der international gefeierte und preisgekrönte Komponist und Pianist Leon Gurvitch sein Programm zu Ehren von Johann Sebastian Bach ein. Ein bekanntes Zitat, das gestern Abend im Kleinen Saal der Laeiszhalle im Herzen Hamburgs durch die Ohren ging. Als Gurvitch “Bachomania” Anfang des Jahres in einem Exklusivinterview mit Fall4Me (das vollständige Interview gibt es hier lesen: Teil 1, Teil 2, Teil 3) vorstellte, nannte er genau dieses Zitat. So zogen sich weitere bekannte Phrasen durch den Abend, als Gurvitch bspw. sein Programm vorstellte und sich nach jedem Stück, das er präsentierte, erhoben hat, um das Nächste anzukündigen. Doch nicht nur mit dem Programm und Zitaten gab es eine freudige Reunion.

Eine besonders freudige Zusammenkunft gab es für mich persönlich, als Leon Gurvitch sein Stück “Kintsugi” gespielt hat (der Artikel zur Premiere folgt). Man hat sich direkt ins Theater Lübeck zurückversetzt gefühlt und das wunderschöne Ballett choreografiert von Edvin Revazov vor sich gesehen. Eine Sache, die “Kintsugi” umso wertvoller macht, ist die Symbolik hinter dem Namen: die aus Japan stammende Lebensweisheit, bei der etwas Zerbrochenes wieder zusammengeklebt und die geklebten Stellen mit Gold verziert werden und so etwas eine einzigartige neue Schöpfung ergibt, steht als Sinnbild dafür, in Hindernissen nicht das Ende zu sehen und es zu ersetzen, sondern es zu pflegen, zu reparieren und etwas besseres daraus zu schaffen. Ich liebe die Japan, seine Kultur und Philosophie einfach und halte sie für absolut vorbildlich.

Leon Gurvitch mit Ehefrau Irina
Ein perfect Match nicht nur modisch mit dem Interior der Laeiszhalle – Leon Gurvitch richtete rührende Worte an seine stets tatkräftig unterstützende Frau Irina. ©2025 Johanna Karajan

Der gestrige Samstag ab 20:00 Uhr war im insgesamt ein Abend voller Highlights: denn Leon Gurvitch ehrte nicht nur Bach mit Interpretationen und Improvisationen auf seinem Solo Pianokonzert. Es folgte eine Premiere nach der Anderen: unter anderem aus seiner im letzten Jahr erschienen CD “Musique Mélancholique” (hier erhältlich). Diese hat er kürzlich in New York vorgestellt und wird sie demnächst in Wien vorstellen. Außerdem präsentierte er als eigens ernannte “Weltpremiere” einen Teil der “Four Seasons”“Spring” und “Summer” – à la Leon Gurvitch. Damit hat der Wahl-Hamburger seine Visitenkarte als bedeutender Komponist der der Moderne abgegeben. Insofern kann man sagen, dass mit “Bachomania” nicht nur Baroque auf Moderne getroffen hat, sondern auch der bedeutendste Komponist des Baroques auf einen der bedeutendsten Komponisten der Moderne getroffen hat. Besonders raffiniert, war Leon Gurvitches bereits im Exklusivinterview angekündigte Improvisation mit den Buchstaben von Bachs Nachnamen, von denen jeder Einzelne eine Note der Musik B, A, C, H ausmacht. Einfach clever – darauf muss man erstmal kommen!

Leon Gurvitch, ein Musiker von Welt, ein Hamburger aus Überzeugung, ein Belarusse im Blut riss die Menge nicht nur mit seiner aufregenden Musik mit, sondern auch mit seinem unvergleichlichem Charme und selbstironischem authentischen Witz, den man so nur aus Osteuropa kennt und liebt. Im Rahmen von ca. zwei Stunden mit einer Pause dazwischen hat Gurvitch seine Zuhörerinnen und Zuhörer nicht nur auf eine Reise mitgenommen, Klassik neu zu erleben, sondern Bach neu zu erleben. Leon Gurvitch weiß wie kein anderer Dramatik und Spannung mit einer Flut von angenehmster Melodie, die die Seele baumeln lässt vor Harmonie und Ruhe, gekonnt miteinander zu fusionieren.

Leon Gurvitch und Christian Seibert
Für “Bachomania” wieder vereint: Leon Gurvitch und Christian Seibert. Dieser kam extra nach einem Auftritt in der Staatsoper rüber. ©2025 Johanna Karajan

Die Hommage an Bach war mit Bachomania nicht nur ein Geschenk an Johann Sebastian Bach, sondern auch ein tiefgründig durchdachtes Geschenk von Leon Gurvitch an seine Audienz insbesondere mit seiner Überraschung am Ende: Leon Gurvitch hat seinen langjährigen Kollegen Christian Seibert von der Hamburger Staatsoper eingeladen Bach in Jazz zu spielen. Dies brachte die Menge zu Recht zum Toben, besonders wenn man erst einen Monat zuvor die mitreißende Kammeroper “Charms” (Fall4Me berichtete hier darüber) gesehen hat – oder vielleicht hat dieses bombastische Zusammenspiel gerade dazu eingeladen, sich “Charms” am 07. Mai in Lübeck anzusehen. Spätestens als Gurvitch am Ende Jazz gespielt hat, hat man gesehen, wie sehr der Komponist in seinem Element ist.

Doch “Bachomania” ist grundsätzlich eine sehr persönliche Widmung für Leon Gurvitch, so wie er stets die Brücke zu den sorgfältig ausgewählten Stücken gebaut und bspw. über das Stück “Ich bin ein Gast auf Erden” gesagt hat, dass er sich bei Zeiten auch wie ein Gast auf Erden fühlt. Es ist immer wieder ergreifend Leon Gurvitch live zu erleben, denn einerseits sieht man, dass er vollkommen auf seine Musik konzentriert ist und andererseits ist sein Spiel so makellos und wirkt so selbstverständlich wie wenn andere Menschen atmen – als ob er eine magische Verbindung zum Klavier und den Tasten hätte.
Nicht umsonst wurde Gurvitch zum Schluss mit einer Standing Ovation von einem vollen Saal geehrt.

Maestro Gurvitch, wir wollen gerne eine (oder auch mehrere) Zugabe(n) von “Bachomania”!

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